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zuletzt geändert am 11.01.2015
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Berechnung der Stücke im schiefwinkligen DreieckFür das schiefwinklige Dreieck gibt es leider keine so einfache Berechnungsregel wie den Satz der Pythagoras, mit dem man die Seitenlängen berechnen kann. Durch das fällen von Höhen kann man aber jedes schiefwinklige Dreieck in zwei rechtwinklige teilen und die Berechnung im Prinzip auf rechtwinklige Dreiecke zurückführen. Da man aber bis in die 80′er Jahre des 20. Jahrhunderts Berechnungen mit der Logarithmentafel oder dem Rechenschieber ausführte, gibt es einige geschickte Formeln, um aus drei gegebenen Stücken des schiefwinkligen Dreiecks die anderen drei zu berechnen. Man kennt fünf Grundprobleme (beim rechtwinkligen nur vier).
Erstes GrundproblemWenn nur die drei Seiten gegeben sind, kann man nur den Cosinussatz anwenden. Man löst die drei Gleichungen nach den Cosinussen der drei Winkel auf und erhält Ausdrücke, die auf der anderen Seite nur die Seiten enthalten: Diese Gleichungen sind für Berechnungen ohne Computer umständlich: man muß Quadrate und Produkte bilden, diese addieren und die Summen dividieren. Deshalb werden die Formeln des Cosinussatzes weiter umgeformt zum Cotangenssatz oder für den Rechenschieber durch Einführen des Sinus versus optimiert. Die Formel a2 = b2 + c2 - 2 · b · c · cos α wird um + 2 · b · c - 2 · b · c = 0 ergänzt und zusammengefasst: a2 = (b + c)2 - 2 · b · c · ( 1 + cos α). Nun substituiert man (1 + cos α) durch 2 · cos2(α ⁄ 2) (s. Formeln für doppelte und halbe Winkelargumente) und erhält a2 = (b + c)2 · cos2(α ⁄ 2). Wenn man die ergänzte Formel anders zusammenfasst erhält man a2 = (b - c)2 - 2 · b · c ·(1 - cos α) und hier substituiert man (1 - cos α) = 2 · sin2(α ⁄ 2) (s. Formeln für doppelte und halbe Winkelargumente). Diese beiden Formeln werden nach sin2(α ⁄ 2) bzw. cos2(α ⁄ 2) aufgelöst und nach Wurzelziehen bekommt man die beiden Ausdrücke: Zur Vereinfachung setzt man (willkürlich) a + b + c = 2 · s und bekommt die beiden einfachen Formeln: Diese beiden Gleichungen werden durcheinander dividiert (cosα ⁄ sinα = cotα): Der Wurzelausdruck ist nun (zufällig) die Formel für den Kehrwert des Inkreisradius ρ des Dreiecks. Führt man diese ganze Prozedur auch für die anderen Seiten durch, erhält man schließlich den Cotangenssatz: Nun hat man einen Formelsatz, den man sich leicht merken kann, und der auf der einen Seite eine Funktion eines Winkels mit den Dreiecksseiten auf der anderen Formelseite korreliert. Zum Berechnen eines Winkels rechnet man (im Kopf) s und das Wurzelargument von ρ aus, zieht die Wurzel, und kann dann mit einer Rechenschieberdivision den Winkel ermitteln. Der Cotangenssatz wurde 1596 von Rhaeticus abgeleitet. Zweites Grundproblem
Wenn der von zwei Seiten eingeschlossene Winkel und die beiden Seiten gegeben sind, kann man wieder nach dem Cosinusatz rechnen, was aber mit dem gewöhnlichen Rechenschieber des System Rietz umständlich ist. Ein Rechenschieber des Systems Darmstadt hat ja die pythagoreische Skala mit Werten Sonst berechnet man mit dem Tangenssatz die beiden gesuchten Winkel, und dann den Sinussatz für die dritte Seite. Mit dieser Rechnung erhält man die Differenz der beiden gesuchten Winkel α - β. Aus der Winkelsumme im Dreieck erhält man für die Summe der beiden gesuchten Winkel α + β = 180° - γ. Durch Addition bzw. Subtraktion der beiden Werte berechnet man α und β: α + β + α - β = 2· α bzw. α + β - (α - β) = 2· β. Nun kann man den Sinusatz anwenden um die dritte Seite zu berechnen:
Einen der gesuchten Winkel, z. B. α kann man auch nach einer Formel berechnen, die sich auch nicht optimal für den Rechenschieber eignet. Zur Ableitung fällt man in dem zu berechnenden Dreieck eine Höhe auf eine der gegebenen Seiten (b), sodass der gegebene Winkel (γ) nicht geteilt wird. Der Tangens des gesuchten Winkels (α) im Teildreieck ABD ist dann der Quotient aus Gegenkathete BD = h und Ankathete AD. Die Gegenkathete berechnet sich aus dem Sinus des gegebenen Winkels (sin γ) und der Hypotenuse des Dreiecks BCD, a. Die Ankathete ist die Differenz der gegebenen Seite b und dem mit dem Cosinus des gegebenen Winkels (cos γ) Streckenteil CD. Man erhält: Drittes GrundproblemDas dritte und das vierte Grundproblem sind ähnlich: es sind zwei Seiten und ein nicht eingeschlossener Winkel gegeben. Allerdings ist das dritte immer lösbar, das vierte liefert entweder eine triviale, zwei verschiedene, oder gar kein Ergebnis. Beide löst man mit dem Sinussatz und berechnet zunächst den Winkel α. Hier sieht man schon die Beschränkung: da sin α immer kleiner sein muss als 1, muss a·sin β kleiner sein als b. Man stellt also auf dem Rechenschieber den Läufer über den gegebenen Winkel β auf S und die gegenüberliegende Seite b auf C unter den Läufer. Verschiebt man den Läufer auf die zweite gegebene Seite a auf der Skala C, dann steht unter den Läufer auf S der zweite Winkel α. Mit α und β kann man γ aus der Winkelsumme im Dreieck (= 180°) den dritten Winkel γ im Kopf berechnen. Hat man nun die Einstellung des Rechenschiebers nicht verändert, schiebt amn einfach den Läufer über γ auf S und liest auf C die dritte Seite c ab. Viertes GrundproblemDie Lösung des vierten Grundproblems ist gleich der des dritten. Wegen der Beschränkung, dass der Sinus (und der Cosinus) nur definiert sind als Zahlen kleiner 1. In der Gleichung: muss also b·sin α < a sein. Wir unterscheiden drei Fälle:
Mit dem Rechenschieber kann man schnell entscheiden, welcher der drei Fälle vorliegt (b·sin α ist mit einer Einstellung ermittelt). Der weitere Gang der Lösung entspricht dem dritten Grundproblem. Fünftes GrundproblemImmer, wenn zwei Winkel gegeben sind, ist der dritte aus der Winkelsumme im Dreieck zu berechnen. Mit einer gegebenen Seite kann man den Sinussatz (z. B. drittes Grundproblem) anwenden und — mit dem Rechenschieber mit einer Zungeneinstellung nur durch Verschieben des Läufers — die beiden gesuchten Seiten berechnen.
Es gibt keine weiteren Berechnungsmöglichkeiten. Sind nur die drei Winkel gegeben, gibt es eine unendlich große Zahl Dreiecke, die der Bedingung gehorchen. | |||||||||||||||||||||||||||||||
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