Die Winkelskalen
Die Logarithmen und der Rechenschieber wurden anfänglich ausschließlich von Kaufleuten und Seefahrern benutzt. Beide haben erheblichen Rechenbedarf: Kaufleute z. B. die Zinsberechnungen, Seeleute Navigationsaufgaben. Für die Navigation gibt es auf dieser Site ausführliche Beispiele — einschließlich der trigonometrischen Grundlagen. In jüngerer Zeit haben besonders Piloten den Rechenschieber für die Berechnung von Kurskorrekturen bei Abdrift durch Seitenwind benutzt. Von Aristo gab es deshalb spezielle Rechenscheiben (Naviat, Aviat) für die Navigation, und in England den Unique Navigator.
Ein hübsches Beispiel zum Rechnen mit trigonometrischen Skalen wird im Kapitel Sphärische Trigonometrie bei der Berechnung der Tageslänge ausgeführt.
Den üblichen Rechenschieber setzt man aber ein, um Zahlenwerte der Winkelfunktionen abzulesen, oder um aus einer Rechnung den zugehörigen Winkel zu bestimmen. Ein Beispiel ist der Winkel in einem rechtwinkligen Dreieck mit bekannten Seitenlängen (siehe zur Definition der Winkelfunktionen). Den Winkel α zwischen der Ankathete b und der Hypotenuse c mit den Längen 26 cm und 45 cm erhält man aus der Beziehung:
- cos α = Ankathete b : Hypotenuse c = 26 : 45 ⇒ α = 54,7°.
Achtung: Der Cosinus wird auf der Skala S von Rechts nach links abgelesen. Sinus und Cosinus sind ja zyklische Funktionen die Funktionswerte zwischen 0 und 1 annehmen, und die um 90° verschoben sind — genau die Länge der Winkelwerte-Skala auf dem Rechenschieber.
Die Länge der Gegenkathete kann man auf drei Wegen berechnen:
- nach dem Satz des Pythagoras (a2 + b2 = c2)
- sin α = Gegenkathete a : Hypotenuse c ⇒ Gegenkathete = Hypotenuse c · (sin α ),
- mit der pythagoreischen Skala, wenn man einen Rechenschieber des Systems Darmstadt hat.
Nach dem Pythagoras (a ist die Gegenkathete, c die Hypotenuse) ist die Länge von a:
.
Die Werte c und b werden nacheinander auf der Skala C eingestellt und auf der Skala B werden die Quadrate abgelesen (hier hilft es die letzte Ziffer zu schätzen, wenn man weiß, dass die Quadrate gerader Zahlen auch gerade sind, und dass die Quadrate von durch 5 teilbaren Zahlen auch eine 5 als letzte Ziffer haben).

Die Differenz wird manuell gebildet (1349), aber wo soll man sie nun auf B einstellen, bei 1,349 oder bei 13,49? Als Regel gilt: alle ungerad-stelligen (1,3,5...-stellig) Quadratzahlen werden auf der linken, alle gerad-stelligen (2, 4, 6, …-stellig) auf der rechten Hälfte der Skala eingestellt. Auf C liest man dann die Wurzel ab: a = 36,8.
- Mit Winkelfunktionen müssen wir den Sinus von α = 54,7° mit der Hypotenusenlänge c = 45 multiplizieren. Das Ergebnis 36,7 liest man auf D ab.
- Die Berechnung mit der pythagoreischen Skala ist bei der Erläuterung der Skalen des Rechenschiebers ausgeführt.
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