Vorbemerkung
Vorbemerkungen
Die Zeitschrift
Ziele 1898
Herausgeber
Referatebogen

Das Umfeld

Am 14. Mai 1879 wurde das erste deutsche Lebensmittelgesetz verkündet. Dieses Ge­setz wurde in der Verlagsbuchhandlung von Julius Springer verlegt. Im gleichen Jahr erschien der 1. Band des dreibändigen Werkes "Chemie der menschlichen Nah­rungs- und Genussmittel" von Joseph König, das in vielen Auflagen erscheinen sollte und den internationalen Ruf Königs begründete. König verlegte mit Springer viele seiner Bücher über Agrikulturchemie, Chemie der Futtermittel, und über Ab­was­ser­be­hand­lung. Es gibt eine umfangreiche Korrespondenz des Autors mit seinem Verleger im Archiv des Springer-Verlags.

Die erste Zeitschrift

Der Verleger Paul Parey hatte die Bedeutung der Lebensmittelchemie auch erkannt. Er hatte Albert Hilger als Berater, und gründete mit ihm die Zeitschrift "Vier­tel­jahres­schrift über die Fortschritte der Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, der Ge­brauchs­gegen­stände sowie der hierher gehörenden Gewerbe", die von Josef König, Eugen Sell (Berlin) und R. Kayser, dem Leiter des Chemischen La­bo­ra­to­riums des Landesgewerbemuseums zu Nürnberg.

Der Deal

Am 9. April 1886 gratuliert Springer König zu einer preisgekrönten Arbeit (über Futtermittel), die später bei Springer erscheinen sollte. Er fährt dann fort: "Wie schade, dass der vom agri­cul­tur­chemischen Jahresbericht abgezweigte Hil­gersche Vier­tel­jah­resbe­richt für die Nah­rungs­mit­tel­chemie etc. nicht bei mir erscheinen kann, son­dern aus allerdings durch die Umstände ge­bo­te­nen Gründen bei Parey erscheinen wird. Hätte man die Sache nicht etwas anders arrangieren können?"

König dankt am 4. Mai für die Glückwünsche und bedauert: "…dass die neue Vier­tel­jahres­schrift nicht bei Ihnen er­scheint, bedauere ich sehr; ich möchte das doch ganz wünschen; da sie aber aus dem Jahresbericht f. Agri.Chemie hervorgeht, so wird sich schwer etwas machen lassen. Ich stelle Ihnen aber anheim, ob Sie nicht dieserhalb mit Prof. Hilger und Parey in Verbindung treten wol­len; ich wäre sehr dafür."

In der Antwort von Springer heißt es am 5. Mai: "Wollen Sie nicht betr. der Vierteljahresschrift einmal an Hilger schreiben — aber ohne zu sagen, dass dies auf meine Veranlassung geschieht — und falls ein anderer Verleger noch nicht definitiv gewonnen, für mich plädieren? Ich möchte es nicht thun."

König hat wohl tatsächlich an Hilger ge­schrie­ben, denn er bestätigt Springer am 19. Mai: "Was den Verlag der neuen Vierteljahresschrift anbelangt, so würde wie es mir scheint, Herr College Hilger sehr gerne sehen, wenn Sie den Verlag hätten. Indeß er kann damit nichts in der Sache thun, weil dieselbe aus dem Jahresbericht her­vor­ge­gan­gen, sie also Parey naturgemäß zu fällt. Können Sie hierüber mit Parey nicht direkt verhandeln?"

Springer antwortet am 26. Mai: "Besten Dank für Ihr freund­liches Interesse. Mit Parey selbst zu verhandeln ist mir peinlich und so werde ich wohl auf die Vier­tel­jahres­schrift verzichten müssen. Falls sich jedoch Gelegenheit zu einer Rücksprache mit Parey finden sollte, ich bin jetzt in Leipzig mit ihm mehrere Tage zusammen — so will ich ver­suchen ob etwas zu machen ist."

Und es war etwas zu machen: Parey bestätigt am 24. Juli: "Meine verspätete Antwort auf Ihre münd­liche Anfrage wegen Hilgers Vier­tel­jahres­schrift betreffend Nah­rungs­mit­tel bitte ich günstigst zu entschuldigen; ich war einige Zeit aus Berlin ab­we­send und bin erst jetzt zu einem Entschluss gekommen. Ich bin bereit, Ihnen meinen Vertrag mit Prof. Hilger zu tradieren gegen eine Ent­schä­di­gung von 1000 Mark und Aufhebung der Change-Verpflichtung des Jah­res­be­richts für Agri­cul­tur­chemie gegen den Forst­ka­len­der. Ferner würde ich mit ausbedingen, die erste Anzeige von dem Verlagswechsel Herrn Prof. Hilger nicht von Ihnen sondern von mir gemacht wird."

Am 2. Aug schreibt Springer an König: "Nun kann ich Ihnen noch eine Mitteilung machen, allein ich muss Sie bitten, dieselbe ganz für sich zu behalten, da ich an Prof. Hilger noch nicht schreiben konnte: ich habe von Parey den Vertrag über Herausgabe der Vierteljahresberichte, Hilgers Einverständnis voraussetzend, gekauft. … Über einen Umstand bin ich allerdings erstaunt, woran liegt es, dass noch kein Heft in Vor­be­rei­tung ist?"

Schließlich erschienen aber doch noch drei Hefte des 1. Jahrgangs in Jahr 1886 und das 4. im Januar 1887. Das Verzeichnis der zitierten Zeitschriften ist recht auf­schluss­reich, denn offensichtlich gab es noch keine deutschsprachige Le­bens­mit­tel­zeit­schrift.


Fußnoten:

R. Kayser
Über R. Kayser ist wenig bekannt. Er war offensichtlich der Leiter des Chemischen Laboratoriums am Bayerischen Gewerbemuseums zu Nürnberg. Er veröffentliche über "Aufschliessung des Chromeisensteins" in der "Zeitschrift für analytische Chemie, 15 (1), 187 (1876)."
Theodor Wilhelm Paul Parey
* 23.03.1842 in Berlin † 31.03.1900 in Berlin. Wurde 1869 Mitinhaber des Wiegand, Hempel & Parey Verlags, der 1881 nach dem Tode Gustav Hempels in Paul Parey Verlag umbenannt wurde. Die hier erwähnte Übernahme des Forst­ka­len­ders vom Springer-Verlag begründete das Forstwissenschaftliche Programm des Verlags. Parey gab dafür das Le­bens­mit­tel­wissenschaftliche Programm auf.
Eugen Sell
Im Nachruf von Karl Windisch (Ber. dt. Chem. Ges., 29 (4), 1199 (1897)) wird Eugen Sell (* 5. Apr. 1842 in Bonn, † 18.10.1896) als Meister der Lebensmittelchemie, Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, Professor an der Uni­ver­si­tät und der Technischen Hochschule Berlin und Kaiserlicher Geheimer Rat gewürdigt. Er hatte bei A. W. Hoffmann (Royal College of Chemistry in London), und bei Bunsen und Kopp in Heidelberg studiert.
Ferdinand Springer senior
* 21.07.1846 in Berlin, † 27.12.1906 in Berlin. War der ältere Sohn Julius Springers, der den Springer-Verlag 1842 gegründet hatte. Er führte die Verhandlungen mit Parey. Mit seiner Entscheidung für die Lebensmittelchemie-Zeitschrift kam es zum Verzicht auf die Entwicklung eines Land- und Forstwissenschaftlichen Programms beim Springer-Verlag ("Aufhebung der Change-Verpflichtung", s. o.).

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