Die Mittelpunktsgleichung Ellipse

Karthesische Koordinaten

Die Ellipse wird definiert als die Kurve, auf der für alle Punkte P(x,y) die Summe der Abstände zu den bei­den Brennpunkten F1,2 konstant ist PF1 + PF2 = r1 + r2 = konstant. Diese Konstante ist das zweifache der großen Halbachse a: r1 + r2 = 2 · a.

Ellipse Mit dem Lot von P auf die x-Achse er­zeu­gen wir zwei rechtwinklige Drei­ecke, die r1 bzw. r2 als Hypotenuse haben, und eine Kathete gemeinsam haben (deren Länge ist y). Wir können den Satz des Py­tha­go­ras anwenden und erhalten:

  • Ellipsengleichung

Mit der Definition der Ellipse (r1 + r2 = 2·a) erhalten wir durch Umformen und Einsetzen die Mit­telpunktsgleichung der Ellipse:

  • Mittelpunktsgleichung

Mit dieser Gleichung können wir nun die Koordinate x oder y eines Punktes P(x,y) aus der jeweils anderen berechnen, der auf der Ellipse mit den Halbachsen a und b liegt.

Polarkoordinaten

Polarkoordinaten beschreiben die Lage eines Punktes durch den Abstand ρ vom Koordinatennullpunkt und den Winkel φ, den dieser vom Mittelpunkt ausgehende Strahl mit der x-Achse einschließt. Auf der Ellipse muß man nun einen Ausdruck für den Abstand ρ und den Winkel φ finden.

Polargleichung Die Ellipse kann man als ge­stauch­ten Kreis ansehen; alle y-Ko­or­di­na­ten der Punkte auf einer Ellipse sind im Ver­hält­nis y : η = b : a verkürzt. Läßt man einen Strahl von Mit­tel­punkt der El­lip­se um den Winkel α laufen, dann kann man die Ko­or­di­na­ten eines Punktes P(ξ,η) auf der Ellipse durch die Ko­or­di­na­ten von Schnittpunkten auf den In­kreis (blau) und dem Um­kreis (grün) ausdrücken. Die y-Koordinate η ist identisch mit der y-Koordinate des Punktes auf dem Inkreis (Radius b): η = y = b · sin α.

Die x-Ko­or­di­na­te des Punktes P(ξ,η) auf der Ellipse ist gleich der x-Ko­or­di­na­te des Punktes auf dem Umkreis (Radius a). Damit lauten die Trans­for­ma­tions­glei­chun­gen:

  • x = ξ = a · cos α
  • y = η = b · sin α

Mit dem Pythagoras erhält man für den Abstand ρ des Ellipsenpunktes vom Mittelpunkt den Ausdruck:

  • ρ2 = a2·cos2α + b2·sin2α

Nun brauchen wir noch eine Beziehung zwischen dem Winkel α in dieser Gleichung und dem Polarkoordinatenwinkel φ. Der ist gegeben durch die Definition tan φ = η/ξ = b·sin α / a·cos α. Durch Umformen und Einsetzen bekommt man schließlich die Polargleichung der Ellipse ( mit ε numerische und e lineare Exzentrizität):

Formel

Diese Gleichung beschreibt ebenfalls die Ellipse, nur sind die Koordinaten eines Punktes auf ihr durch den Abstand ρ vom Mittelpunkt und den Winkel φ zwischen ρ und der x-Achse angegeben.

Umfang der Ellipse

Diese polare Mittelpunktsgleichung hat den Vorteil, dass man sie differenzieren kann (zum Formalismus s. a. Loxodrome). Integriert man dann das Differenzial, erhält man entweder die Länge des Ellipsenbogens, oder die Fläche über der Winkeländerung.

Bei der (terrestrischen) Navigation interessiert ausschließlich die Länge des Bogens (also die Entfernung zwischen den Punkten P111) und P222), die der Winkeländerung Δα entspricht. Dieses Integral hat die Form:

Wegintegral

Es ist allerdings nicht analytisch zu lösen (ausser in den Grenzen zwischen 0° und 90°, also für den Vier­tel­bo­gen). Man muß den Wurzelausdruck in eine konvergierende Reihe entwickeln, und deren Glieder ein­zeln integrieren. So erhält man für die Bogenlänge der Ellipse die Formel:

Formel

Man sieht, das ist recht aufwändig zu berechnen. Zudem macht man einen Fehler, wenn man die Reihe nach einer endlichen Zahl Glieder abbricht. Integriert man diese Gleichung von 0° bis 360°, erhält man den Umfang der Ellipse.

Näherungsformel

Wie groß ist der Fehler? Berechnen wir die Reihenglieder für den Polumfang des WGS84 Ellipsoids.

Parameter des WGS84
große Halbachse a = 6.378.137,0 m a2 = 40.680.631.590.769,0000
kleine Halbachse b = 6.356.752,3143 m b2 = 40.408.299.985.358,4000
numerische Exzentrizität ε = 0,081819190738 ε2 = 0,006694379973
Umfangsberechnung
  1. Glied = 0,001673594993 2. Glied = 0,000002100690 3. Glied = 0,000000005860
Umfang 40.007.947,3383 40.007.863,1531 40.007.862,9183
Beitrag   84,1852 0,2348
Näherungsformel 40.007.862,9174
Kreis mit Radius b 39.940.652,7426

Wir erkennen, dass das zweite Glied eine Korrektur des Polumfangs von etwa 100 m, das dritte eine von 20 cm beiträgt. Zum Vergleich ergibt die Näherungsformel einen Polumfang, der etwa dem des Rei­hen­ab­bruchs nach dem ersten Glied entspricht. Der Umfang eines Kreises mit Radius der kleinen Halbachse ist etwa 70 km kürzer als der Ellipsoidumfang (ist ja auch noch ganz ordentlich!).

Ich vermute, das (zivile) GPS arbeitet mit der Näherungsformel, und hat deshalb einen Fehler von (min­de­stens) 100 m. Das differentielle GPS (DGPS) erlaubt eine weitgehende Korrektur; entsprechend aus­ge­rüste­te Geräte haben wohl auch leistungsfähigere Rechner, die bis zum zweiten oder dritten Glied der Reihe rechnen, und so auf Fehler unter 1 m kommen können.

Die Fläche des Ellipsensektors

Etwas einfacher ist die Fläche des Ellipsensektors zu berechnen. da wir es an anderer Stelle brauchen, soll hier nach dem gleichen Formalismus auch die Fläche des Kreissegmentes berechnet werden.

Skizze Die Fläche des blauen Sektors des Kreises soll berechnet werden. Die Funktion des Kreises lautet:

  • Formel.

In differenzierter Form und nach Substitution von x = r · cos φ und dx = r · sin φ:

  • Formel
  • (Zur Erinnerung: sin2 φ + cos2 φ = 1)

Integrieren mit den Grenzen φ = 0 bis φ ≤ 90° ergibt die Fläche F:

  • Formel

In den Grenzen φ = 0° bis φ = 90° = π ⁄ 2 erhalten wir für ¼ der Kreisfläche:

  • F ⁄ 4 = (r2 ⁄ 2) · sin (π ⁄ 2) · cos (π ⁄ 2) + π ⁄ 2 = (r2 ⁄ 2) · (π ⁄ 2);
  • F = π · r2.

Die Fläche des gelben Ellipsensektors erhalten wir analog aus der Funktion der Ellipse:

  • Formel
Differenzieren und Substituieren von x = a · cos φ, dx = a · sin φ dφ ergibt:
  • Formel

Integrieren mit den Grenzen φ=0 bis φ≤90° ergibt die Fläche F:

  • Formel

Die Scheitelgleichung der Ellipse

Scheitelgleichung Verlegt man den Ursprung des kar­the­si­schen Ko­or­dina­ten­systems vom Mit­tel­punkt M der Ellipse in einen der Haupt­schei­tel S1, 2, kann man die "Schei­tel­glei­chung" der Ellipse ableiten. Die Ke­gel­schnitte lassen sich über ihre Schei­tel­glei­chungen vergleichen. Zur Ab­lei­tung verwenden wir eine Trans­la­tion des Ursprungs im Mittelpunktsystem M(ξ η) in das Scheitelsytem S(x, y). Die y-Koordinate ist gleich der η-Koordinate, die ξ-Koordinate wird zu x-Koordinate durch Addition der Strecke MS1 = a (große Halbachse).

Aus der Mittelpunktsgleichung oben wird, mit den Koordinaten ξ und η: Formel durch Einsetzen von ξ = x - a und η = y:

  • Formel.

Nach Auflösen der Gleichung nach y² erhält man:

  • Formel.

Jetzt erinnert man sich an den Ellipsenparameter p: p = b² ⁄ a, substituiert ihn in der Formel und erhält: y² = 2·p·x - p·x² ⁄ a, die Scheitelgleichung der Ellipse.



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