Vorbemerkung

Vom ersten Jahrgang erschienen bei Springer im Jahr 1886 drei Hefte und das vierte im Januar 1887. Der Titel der Zeitschrift lautete:

  • "Vierteljahresschrift über die Fortschritte der Chemie der Nahrungs- und Genussmittel, der Gebrauchsgegenstände sowie der hierher gehörenden Gewerbe".

Der vereinbarte Umfang der Schrift betrug 20 Druckbogen, also 320 Seiten. Aber be­reits 1886 erschienen 448 Sei­ten und im 2. Jahrgang schon 629 Seiten. Bis zum 12. Jahrgang 1897 streut der Umfang zwischen 574 und 678 Sei­ten jährlich. In der "Vier­tel­jahres­schrift" erschienen "Referate", das sind Zusammenfassungen von Ori­gi­nal­veröf­fent­lichungen aus anderen Zeitschriften. Inwieweit auch Ori­gi­nal­mit­tei­lungen in der "Vier­tel­jahresschrift" pub­li­ziert worden sind ist mir nicht bekannt. Jedenfalls hatte die Zeitschrift auch noch zu meiner Zeit einen Referateteil.

Am 21. Nov. 1986 tritt Hilger in den Handel zwischen Parey und Springer ein. Da waren schon zwei oder drei Hefte erschienen, wie aus der Honorarforderung Hilgers an Springer hervorgeht. Die umfangreiche Kor­res­pon­denz zwischen Herausgeber und Verleger befasst sich überwiegend mit dem Termindruck und den Schwie­rig­keiten, einen vereinbarten Umfang beizubehalten. Wem kommt das nicht bekannt vor? Im Herbst 1897 scheint sich die Situation zu­zu­spitzen. Hilger hatte wohl einen Teil der ausgewerteten Zeitschriften selbst abonniert und auch Schreibgebühren selbst bezahlt. Jedenfalls gab er über 5.000 Mark für die Schrift aus. Auch Springer konnte den ständig wachsenden Seitenumfang nur noch mit Mühe finanzieren. Für beide scheint die Vier­tel­jahres­schrift zu einer Belastung geworden zu sein. So will Hilger im Spätsommer die Herausgabe niederlegen, da eine weitere Zeitschrift seine Arbeit ebenfalls be­an­spruch­te: die

  • "Forschungsberichte über Lebensmittel und ihre Beziehung zur Hygiene, über forense Chemie und Pharmakognosie",
die er als Vorsitzender der von ihm 1883 gegründeten "Freien Vereinigung bayerischer Vertreter der angewandten Chemie" herausgab (1901 umbenannt in "Freie Vereinigung Deutscher Nahrungsmittelchemiker"). Die For­sch­ungs­be­richte erschienen bei der Uni­ver­sitäts­druckerei Wolff in München.

Titel der Zeitschrift 1. Jahrgang 1898 Hilger und Springer einigten sich wohl, die "Vier­tel­jahres­schrift" mit den "For­schungs­berichten" zu­sam­men­zu­legen und als neue Zeitschrift mit mo­nat­licher Erscheinungsweise herauszugeben. Eine Kor­res­pondenz mit der Uni­ver­si­täts­druckerei Wolff existiert nicht beim Springer-Verlag, und deren Archiv ist unter­ge­gangen. So weiß ich nicht, welche Vereinbarungen im Einzelnen getroffen worden waren. Aber im Januar 1898 erscheint die

  • "Zeitschrift für Untersuchung, der Nahrungs- und Genussmittel sowie der Gebrauchsgegenstände"

als Neue Folge der "Vierteljahresschrift" und gleich­zeitig als "Organ der Freien Vereinigung".

Neben Hilger und König trat von Buchka in das Herausgebergremium ein. Sell und Kayser waren ausgeschieden. Das Editorial der Zeitschrift umreißt die Ziele, und ist heute noch weitgehend gültig. Es erschien im Januarheft 1898, dem ersten Heft des Jahrgangs, der mit neuer Band­zäh­lung begann.

Der Rest der Geschichte der Zeitschrift ist rasch erzählt. Sie war sehr er­folg­reich und musste ab 1904 mit zwei Bänden pro Jahr erscheinen. Zu ihren Her­aus­ge­bern zählten Bömer (1905-1935), Juckenack (1919-1939), Tillmans (1931-1935), Nottbohm (1935), Grossfeld (1936-1943), Souci (1948-1969) und Kiermeier.

Im Jahre 1926 wurde ein neues Lebensmittelgesetz verabschiedet und die Begriffe "Nahrungsmittel" und "Ge­nuss­mit­tel" unter der Bezeichnung "Lebensmittel" zu­sam­men­ge­fasst. So musste die Zeitschrift den Titel ändern in

  • "Zeitschrift für Untersuchung der Lebensmittel".

Die Gleichschaltung der wissenschaftlichen Gesellschaften führte im Jahre 1934 zur Aufgabe des Untertitels: Organ des Vereins deutscher Lebensmittelchemiker. Unter dem Druck der Kriegsereignisse wurde die "Zeitschrift für Untersuchung der Le­bens­mit­tel" 1943 mit der Zeitschrift "Vorratspflege und Lebensmittelforschung" und den "Mitteilungen des Ehemaligen Vereins Deutscher Lebensmittelchemiker" vereinigt und änderte zum bisher letzten Male den Namen: "Zeitschrift für Le­bens­mit­tel­unter­suchung- und Forschung". Sie stellte 1944 vor­über­gehend ihr Erscheinen ein, bis 1948 Siegfried Souci sie wieder neu herausgab. Aus nicht nachvollziehbaren Grün­den erschien die Zeitschrift von 1948 bis 1983 unter dem Verlagssignet "J.F. Bergmann Verlag, München", das zu der Zeit bereits vollständig dem Springer-Verlag gehörte.


Fußnote

J. F. Bergmann Verlag
Im Jahre 1878 gründete Joseph Friedrich Bergmann (* 23.11.1849 † 22.8.1917) seinen Verlag in Wiesbaden und übernahm das medizinishce Verlagsprogramm von C. W. Kreidel, seinem Vormund. Bergmann war mit Fritz Springer befreundet, dem jüngeren Sohn Julius Springers, der bereits 1842 seinen Verlag in Berlin gegründet hatte. Nach dem Tod Kreidels im Jahr 1890 übernahm der Bergmann Verlag dessen na­tur­wis­sen­schaft­lich-technisches Restprogramm. Dazu gehörte z. B. die 1861 von C. Remigius Fresenius gegrüdete "Zeitschrift für analytische Chemie". Der kränkelnde Bergmann nahm 1914 seinen Neffen Wilhelm Geck als Teilhaber auf, und vereinbarte mit Fritz Springer die Übernhame seiner Anteile durch den Springer-Verlag nach seinem Tode. Das geschah 1917. Mit dem Medizin-Programm des J. F. Bergmann Verlages wurde der Springer-Verlag ein wesentlicher Verlag für medizinische Literatur. Nach dem Krieg wurde der Verlagssitz 1920 von Wiesbaden nach München verlegt. Die noch von Geck ge­hal­tenen Anteile am J. F. Bergmann Verlag gingen 1923 auf den Springer-Verlag über. Im Jahre 1948 erhielt der J. F. Bergmann Verlag in München die Druckerlaubnis von der amerikanischen Militärverwaltung. Er wurde mit verkleinerter Besetzung vom Springer-Verlag unter dem eigenen Signet weitergeführt, bis 1989 das naturwisschenschaftliche Programm nach Heidelberg in das Stammhaus überführt wurde — darunter die "Zeitschrift für analytische Chemie".
Quellen:
  1. Heinz Sarkowski: Der Springer-Verlag — Stationen seiner Geschichte, Teil 1 1842-1945.
  2. Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 1. Berlin/Eberswalde 1902, S. 50-52.

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